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Zu den "nicht existierenden" Krematorien von Birkenau

Eine Antwort auf die Thesen Knud Bäckers

Von Carlo Mattogno

In den VffG vom März 1999 (S. 39-63) erschien ein "provokativer" und "revolutionärer" Beitrag von Knud Bäcker, welcher den Titel "Das "Krematorium" von Auschwitz-Birkenau in der Kriegspropaganda und in der sowjetischen Nachkriegsdarstellung" trägt. Die Redaktion verleiht in der Einleitung ihrer Hoffnung Ausdruck, die vom Autor verfochtene These möge eine öffentliche Debatte auslösen, damit "bisher ungestellte, aber wichtige Fragen bewußt gemacht und womöglich schlüssig beantwortet" würden (S. 39). Zwar kann ich auch bei Aufbietung all meiner Geisteskräfte nicht erkennen, worum es sich bei diesen "wichtigen Fragen" wohl handeln mag, doch nehme ich die Einladung der Redaktion an und lege meinen Standpunkt im folgenden ungeschminkt dar.

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Knud Bäcker hatte bereits im Juni 1998 (S. 120-129) einen Artikel des Titels "Ein Kommentar ist an dieser Stelle überflüssig. Wie mit alter Sowjetblock-Propaganda Zeitgeschichte manipuliert wird" veröffentlicht.[1] Darin behauptete er, zwei der drei von Jean-Claude Photographien wiedergegebenen Fotografien, welche die Dreimuffelöfen des Krematoriums II von Birkenau zeigen, seien Fälschungen;[2] insbesondere sei die auf S. 121 der betreffenden VffG-Ausgabe erscheinende Aufnahme ein "Ölbild" (S. 124). Zur Stützung dieser verschrobenen These führt Bäcker an, die betreffende Photographie erscheine erstmals in der 1957 publizierten deutschen Übersetzung des von Kraus und Kulka verfaßten Buchs Továrna na smrt und sei vor 1957 "in der Sowjetblock- und Antifa-Propaganda nicht zu finden" (S. 123). Es handle sich tatsächlich um ein von der Malerin Dina Gottliebovä angefertigtes Gemälde. Wie es um die Stichhaltigkeit dieser Behauptung bestellt ist, geht daraus hervor, daß die drei erwähnten Aufnahmen am 25. September 1946 den Akten des Höß-Proesses beigefügt worden sind.[3]

Gehen wir nun zum Bäcker-Beitrag in der Märznummer 1999 über. Der Verfasser stellt hier folgende Thesen auf

-- Nr 1 In Birkenau bestand nur ein einziges Krematorium, das mit dem Krema V der offiziellen Geschichtsschreibung zusammenfallt.

-- Nr 2 Dieses Krematorium enthielt vier Topf-Zweimuffel-Einäscherungsöfen.

Bäcker liefert nicht den geringsten dokumentarischen Beleg für seine Behauptung, sondern vermeidet es ganz im Gegenteil sorgsamst, die in Moskau einsehbare Dokumentation der Zentralbauleitung von Auschwitz zu erwähnen. Der Grund dafür ist unschwer zu erkennen: Die betreffenden Dokumente machen die Bäckersche Hypothese zum Gespött ñ es sei denn, man versteige sich zur Behauptung, sämtliche diesbezüglichen Urkunden seien sowjetische Fälschungen.

Es ist wirklich mühsam, daß man noch im Jahre des Herrn 1999 den Beweis für die Existenz der vier Birkenauer Krematorien antreten muß, aber leider scheint es in der Tat erforderlich zu sein. Ich will den Leser nicht mit der Aufzählung der Hunderte von Dokumenten langweilen, die Bäckers These ad absurdum führen; wer letztere ernstgenommen hat und nach Beweisen fragt, der möge sich doch bitte die annähernd 100 Seiten zu Gemüte führen, die ich dem Bau, der Struktur und der Funktion dieser Öfen in meinem über tausendseitigen Werk I forni crematori di Auschwitz-Birkenau widme. Das Opus wird, wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, im Verlauf dieses Jahres bei Edizioni di Ar erscheinen und sollte möglichst auch ins Deutsche übertragen werden. Die einschlägigen Referenznummem stehen dort in den 378 Fußnoten die der betreffende Teil meiner Studie aufweist.

Ich beschränke mich hier auf die Nennung der hauptsächlichen Gruppen von Dokumenten, die Bäckers These der Lächerlichkeit preisgeben:

Was den Typ und die Anzahl der in den Kremas befindlichen Öfen anbelangt, so begnüge ich mich mit der Nennung zweier Serien von Dokumenten:

Knud Bäckers These ist also historisch vollkommen aus der Luft gegriffen, so daß es zuviel der Ehre für ihn wäre, seine "Beweisführung" noch ausführlich zu untersuchen. Doch lohnt sich der Hinweis darauf, daß sie auf einer unsäglich verquasten historischen Methodologie fußt: Der "Beweis" wird nicht etwa den Dokumenten entnommen, sondern einem kunterbunten Sammelsurium von Berichten der Widerstandsbewegung, die Bäcker selbst als "Kriegspropaganda" einstuft! Steht aber ein Dokument im Widerspruch zu diesen Berichten, wie beispielsweise der Lageplan des KGL Nr. 3764 vom 25. März 1944, wird es einfach als sowjetische Fälschung abgetan (S. 51)!

Wir haben es hier also mit einer Umkehrung der korrekten historischen Methodologie zu tun: Knud Bäcker deutet die Zeugenaussagen nicht im Lichte der Dokumente, sondern die Dokumente im Lichte der Zeugenaussagen und, was noch schlimmer ist, im Licht der polnischen und sowjetischen Kriegspropaganda! Aufgrund dieser hanebüchenen Methodologie sowie seiner für einen Revisionisten abgrundtiefen geschichtlichen Ignoranz schießt Bäcker kolossale Böcke, die er dreist als historische "Revisionen" feilbietet. Hier nur ein Beispiel: Auf S. 41 (Abb. 1) bildet er ein Photo des koksbeheizten Topf-Zweimuffelofens des Kremas von Mauthausen ab und behauptet, es handle sich um einen der angeblichen vier Zweimuffelöfen des Kremas von Birkenau. Dieser Photo stellt er auf derselben Seite (Abb. 2) ein anderes Photo desselben Ofens gegenüber, ohne zu merken, daß beide Photos ein und denselben Ofen zeigen!

Er saugt sich ferner die These aus den Fingern, von den angeblichen vier Zweimuffelöfen des Birkenauer Kremas seien im Herbst 1944 drei abgebaut worden (S. 47), und den vierten habe man im Januar 1945 gesprengt. Als Beweis führt er eine sowjetische Aufnahme aus dem Jahre 1945 an, auf der man die Ruinen des Achtmuffelofens aus dem Krema V von Birkenau sieht; diesen dichtet er in einen Zweimuffelofen des Birkenauer Kremas um. Dies ist schon darum zur Gänze abwegig, weil die Struktur der heute noch in den Trümmern des Krema V vorhandenen Verankerungseisen weit größer ist als jene der Verankerungseisen in einem Zweimuffelofen.

Daß Bäcker unbeleckt von jeder Kenntnis der Struktur und Funktion der in den deutschen Lagern installierten Krematoriumsöfen ist, geht schon daraus hervor, daß er, "um auch dem technischen Laien den Zugang zur Einäscherungsmaterie zu erleichtern", bezüglich der Feuerbestattung und des Gasgenerators Angaben liefert, die sich auf die mit reiner Heißluft funktionierenden zivilen Ofen beziehen. Heute wissen doch selbst Anfänger, daß die Öfen in den Konzentrationslagern nach der direkten Methode funktionierten, was bedeutet, daß die Verbrennungsprodukte des Gaserzeugers in die Muffel geleitet wurden. Außerdem schreibt Bäcker diesen Öfen fälschlicherweise die Verbrennungsdauer in den Zivilöfen ñ 90 Minuten ñ zu (S. 39 und 43), als verliefe der Kremierungsprozeß in beiden Fallen gleich.

Einige Worte zu den ñ angeblich "propagandistischen" ñ Aussagen der Sowjets hinsichtlich der Existenz von 12 Öfen in Birkenau (S. 47), die von Bäcker völlig verzerrt gedeutet werden. Originalton Bäcker:

"Die sowjetische Propagandazahl zahlte Muffeln als Öfen." (S. 47)

Diesen angeblichen Irrum der Sowjets jubelt er gar noch zum "Beweis" für seine Hypothese hoch; ihm zufolge gab es ja 4 Muffeln (zwei Zweimuffelöfen) im Alten Krematorium und 8 Muffeln (vier Zweimuffelöfen) im angeblich einzigen Birkenauer Krema, gesamthaft also 12 Muffeln. In Wirklichkeit haben sich die Sowjets durchaus nicht verzählt, sondern korrekt addiert: Je fünf Dreimuffelöfen in den Kremas II und III plus je ein Achtmuffelofen in den Kremas IV und V ergeben nach Adam Riese zwölf Öfen!

Knud Bäckers Artikel stellt die unverschämteste Leugnung offenkundiger Tatsachen dar, die mir je zu Augen gekommen ist. Nicht einmal die verbohrtesten Gegner des Revisionismus sind je so tief gesunken. "Forschungen" von diesem Niveau verleihen den Anklagen Deborah Lipstadts, die den Revisionisten eine willkürliche Methodologie vorwirft, fatalen Auftrieb.

Daß dergleichen von der Redaktion der VffG abgedruckt wurde, bietet allen Grund zur Beunruhigung, denn das Bäcker-Elaborat bringt durch sein bloßes Vorhandensein in den Spalten dieser Zeitschrift all das Gute in Verruf, was bisher in letzterer erschienen ist. Die von der Redaktion angeführten Gründe für seine Veröffentlichung ñ die Notwendigkeit einer Revision revisionistischer Thesen sowie die Meinungsfreiheit ñ sind hier entschieden fehl am Platz: Genau wie die Thesen der offiziellen Historiker können auch jene der Revisionisten einzig und allein mit wissenschaftlichen Methoden revidiert werden und nicht mit Propagandagewäsch, welches die Sowjetpropaganda an Dümmlichkeit noch übertrifft. Was die Meinungsfreiheit betrifft, so hat gewiß jedermann das Recht, alles und jedes zu sagen und zu schreiben, und nichts liegt mir ferner, als dieses Recht einschränken zu wollen. Doch sollte sich eine wissenschaftliche Zeitschrift zu schade sein, dergleichen Schund zu veröffentlichen, denn sonst gibt sie ihren Anspruch auf Wissenschaftlichkeit preis und begibt sich auf Käseblatt-Niveau. Ich persönlich bin aber an der Zusammenarbeit mit einem Käseblatt in keiner Weise interessiert.


 

 

 

 

 

 

Anmerkung der Redaktion

Schriften von Knud Bäcker mit den hier kritisierten Ansichten lagen der Redaktion seit 1996 vor. Sie wurden aus den von Carlo Mattogno genannten Gründen bis immer abgelehnt. Mit der Zeit jedoch hat sich Herr Bäcker eine große Kenntnis der osteuropäischen Erlebnis- und Sekundärlitertaur zum "Holocaust" erarbeitet. Da wir bisher niemanden kannten, der einen solch guten Zugang zur Ostliteratur hat, wollten wir Herrn Bäcker einbinden. Eine Analyse dieser Literatur im Hinblick auf die Entstehung des heutigen Propagandabildes des "Holocaust" im allgemeinen wäre immerhin ein interessantes Projekt. Herr Bäcker war von seiner These -- oder sollte man es besser "fixe Idee" nennen? -- allerdings nicht abzubringen. Womöglich ist ihm diese Zurechtweisung nun Anlaß, seine These fallenzulassen und sich dem wirklich, oben skizzierten Problem zu widmen.

Daß sich auch die Redaktion von VffG den Schuh wird anziehen müssen, den uns Herr Mattogno zugedacht hat, tragen wir mit Fassung.

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Quellenangaben

1) VffG 2(2) (1998), S. 120-129.
2) J.-C. Pressac, Auschwitz. Technique and Operation of the Gas Chambers, Beate Klarsfeld Foundation, New York 1989, S. 334, Fotos 5 und 6.
3) Akten des Höß-Prozesses, Band 15, S. 35, 37, Fotos Nr. 164, 167f.
4) In den Dokumenten der Zentralbauleitung werden die Birkenauer Krematorien unterschiedslos bald mit den Zahlen 1-4, I-IV und II-V bezeichnet.


Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung 3, 3, 1999, S. 325ff.



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