Mannheimer Morgen. / 11.11.1999
Auschwitz-Leugner verurteilt
Zehn Monate Haft für Frederick Toben
Mannheim. Wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens
Verstorbener und Beleidigung hat das Mannheimer Landgericht den
Australier
Frederick Toben zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.
Gegen
Zahlung einer Kaution von 6000 Mark setzte die Strafkammer den
Haftbefehl
außer Vollzug. Der seit April inhaftierte Toben hat zwei
Drittel der Strafe
verbüßt. Staatsanwalt Hans-Heiko Klein hatte eine Freiheitsstrafe
von zwei
Jahren und vier Monaten beantragt.
Rechtsanwalt Ludwig Bock, seit sieben Monaten mit Tobens Verteidigung
befasst, hatte kurz vor der Hauptverhandlung vergeblich versucht,
das
Pflichtmandat niederzulegen. Als die Richter sich weigerten, die
Beiordnung
aufzuheben, kündigte Bock an, er werde zwar anwesend sein,
jedoch kein Wort
sagen. So verzichtete er auch auf ein Plädoyer. Toben selbst
hat sein
angekündigtes Schweigen nicht ganz durchgehalten. Gestern
Vormittag
bezeichnete er den Prozess als "staatlich angeordnete geistige
Vergewaltigung".
Er wolle sich nun mit Unterstützung eines Anwalts verteidigen.
Die Kammer
lehnte den Antrag jedoch ab mit dem Hinweis, für einen Verteidigerwechsel
sei
vor der Hauptverhandlung genug Zeit gewesen.
Der in Deutschland geborene Toben leitet in Adelaide ein Institut,
dessen Ziel
nicht, wie vorgegeben, die unvoreingenommene Erforschung des Holocausts
sei,
wie Vorsitzender Richter Klaus Kern betonte. In Wahrheit gehe
es Toben darum,
entgegen der historischen Wahrheit das Vernichtungsschicksal der
Juden
während der Naziherrschaft zu leugnen. Fünf Rundbriefe,
in denen er unter
anderem behauptete, in Auschwitz habe es nie Gaskammern gegeben,
stellte der
Angeklagte ins Internet. Einen Offenen Brief schickte er an eine
Richterin in
Bruchsal, die den rechtsextremen Günter Deckert verurteilt
hatte; Kopien davon
gingen unter anderem an die Redaktion der vom Verfassungsschutz
als
rechtsextrem eingestuften Zeitung "Slaipnir" in Berlin.
Die strafrechtliche Behandlung von international zugänglichen
Schriften im
Internet ist Neuland. Nach Auffassung des Gerichts erfüllen
die von Toben
bereitgestellten Schriften inhaltlich den Tatbestand der Volksverhetzung,
sind in
Deutschland als solche nicht strafbar, sondern nur als Verunglimpfung
des
Andenkens Verstorbener und als Beleidigung. Staatsanwalt Klein,
der eine
andere Rechtsauffassung vertritt, will gegen das Urteil Revision
einlegen.