Teil 11
[253]
III. Die krakauer Niederschriften des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß
Die Niederschriften, die der einstige Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß während seiner Gefangenschaft in Krakau verfaßte oder -- vorsichtiger ausgedrückt -- verfaßt haben soll, wurden der deutschen Öffentlichkeit durch das Münchener Institut für Zeitgeschichte im Jahre 1958 als Band 5 der Reihe "Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte" vorgelegt, was allein schon die ihnen beigemessene Bedeutung kennzeichnen dürfte. Die Veröffentlichung, die unter dem Titel "Kommandant in Auschwitz -- Autobiographische Aufzeichnungen von Rudolf Höß" erschienen ist, wurde vom derzeitigen Direktor des Instituts, Professor Dr. Martin Broszat, eingeleitet und kommentiert. Es handelt sich indessen bei diesen von Broszat in seiner Einleitung (aaO. Seite 13) als "wissenschaftliche Edition" bezeichneten Aufzeichnungen nur um eine Teilveröffentlichung der -- wie Broszat mitteilt -- im polnischen Justizministerium in Warschau aufbewahrten "Originale" (aaO. Seite 10), bei der überdies die "orthographischen und klaren syntaktischen Fehler sowie Höß' sehr eigenwillige Interpunktion" durch die Herausgeber "verbessert" wurden (aaO. Seite 13). Unsere Analyse kann notgedrungenim wesentlichen nur diese redigierte Ausgabe der Niederschriften berücksichtigen (181).
Es ist fast unglaublich, mit welcher Leichtfertigkeit diese "Geschichtsquelle" der Öffentlichkeit von einem angeblich wissenschaftlich arbeitenden Institut als in jeder Hinsicht authentische Aussage von Rudolf Höß vorgestellt wurde. Zwar leitet Broszat die "Aufzeichnungen" mit der Frage ein, ob "die Niederschriften eines Mannes, der unvorstellbaren Massenmord befehligte, außer dem sensationellen Aufsehen, das sie erregen mögen, denn überhaupt irgendwelche Glaubhaftigkeit verdienen und als geschichtliches Zeugnis von Bedeutung sein" könnten (aaO. Seite 7). Doch zeigt allein schon diese Fragestellung die ganze [254] Unwissenschaftlichkeit, die bei der Herausgabe dieser auf der Grundlage von Fotokopien der angeblichen Originale veröffentlichten Niederschriften Pate gestanden hat. Denn damit wird als wahr vorausgesetzt, was selbst heute noch des Beweises bedarf und wofür seither gerade diese Niederschriften stets als wesentlichster -- meist sogar einziger -- Beleg von historischem Gewicht angeführt werden: die angebliche Vernichtung von Millionen Juden in den legendären Gaskammern und Krematorien von Auschwitz-Birkenau!
Natürlich gab es -- wie wir gesehen haben -- bereits vorher eine ganze Reihe von Zeugenaussagen über Judenvernichtungen und deren Durchführung in Auschwitz-Birkenau, einschließlich der früheren Angaben von Höß. Es gab für sie jedoch in keinem amtlichen Dokument irgendeine Bestätigung. Darüber hinaus war entweder ihre Unglaubwürdigkeit vom Inhalt der Aussage her offensichtlich oder sie waren derart unbestimmt und widersprüchlich, daß sie schon aus diesem Grunde nicht den an eine zeitgeschichtliche Quelle zu stellenden Anforderungen genügen konnten. Für einen objektiven Historiker konnten sie daher kaum Bedeutung haben. Der "unvorstellbare Massenmord" war also im Zeitpunkt der Herausgabe der Höß-Aufzeichnungen -- entgegen der von Broszat einleitend erweckten Vorstellung -- noch keineswegs eine gesicherte zeitgeschichtliche Tatsache. Deshalb ist auch die von Broszat an anderer Stelle seiner Einleitung (aaO. Seite 13) getroffene Feststellung. "Dokumente über Auschwitz und die Judenvernichtung" seien "nichts Neues", zumindest irreführend.
Wenn Broszat trotzdem in dem oben zitierten einleitenden Satz die Bedeutung der Höß-Aufzeichnungen unverkennbar herunterzuspielen versucht und -- zunächst einmal -- Zweifel an der Glaubwürdigkeit eineK Mannes äußert, der "unvorstellbaren Massenmord befehligte", so kann man das nur als psychologischen Trick bezeichnen, mit dem unkritischen Lesern Objektivität und Gewissenhaftigkeit der Herausgeber der Aufzeichnungen vorgetäuscht werden sollen. Denn weder Broszat noch sonst einem Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte kann damals unbekannt gewesen sein, daß es für den Kern der Auschwitz-Legende -- die Judenvergasung -- weder einwandfreie dokumentarische Unterlagen noch glaubwürdige Zeugenaussagen gab, sofern man nicht die wissenschaftliche Qualifikation dieser Leute in Zweifel ziehen will. Wer sich kritisch mit den Aussagen dieses Instituts beschäftigt hat, weiß allerdings, daß es -- was seine führenden Vertreter nicht einmal leugnen -- dem Geschehen im Dritten Reich nicht unvoreingenommen gegenübersteht (182). Broszats Bemühen, den Eindruck strengster Objektivität auf [255] Seiten der Herausgeber der Höß-Aufzeichnungen zu vermitteln, kann daher kaum ernst genommen werden. In Wahrheit war man wahrscheinlich froh, mit diesem "Dokument" endlich eine ausführliche und zeitnahe "Geschichtsquelle" zur Verfügung zu haben, die das "volkspädagogisch erwünschte Geschichtsbild" (Golo Mann) bestätigte. Das zeigte sich spätestens im Frankfurter Auschwitz-Prozeß, wo Broszat selbst als einer der Gutachter sich vornehmlich auf diese "Quelle" stützte und dem Gericht ihre Authentizität versicherte. Vor allem aber hat damals auch jener Gutachter des Instituts für Zeitgeschichte, der in seinem Gutachten speziell die Judenvernichtung in Auschwitz-Birkenau behandelte, nämlich Professor Krausnick, sich in seinen Darlegungen über die Birkenauer Gaskammern so gut wie ausschließlich auf die Höß-Aufzeichnungen bezogen (183).
Broszat räumt freilich -- auch hier wieder "Wissenschaftlichkeit" vortäuschend -- in seiner Einleitung zu den Höß-Aufzeichnungen ein (aaO. Seite 7, 2. Absatz), es möge "ein gewisses Mißtrauen gegenüber der Echtheit eines Dokumentes bestehen, das in der Zelle eines polnischen Untersuchungsgefangnisses entstanden ist". Damit trifft er zweifellos den Kern der gegen diese Aufzeichnungen zu erhebenden Bedenken. Doch läßt er sich auf eine breitere Erörterung dieses Sachverhalts und der damit sich aufdrängenden Fragen gar nicht erst ein. So mußte denn die Prüfung, ob die Höß-Aufzeichnungen tatsächlich in jeder Hinsicht als echt angesehen werden können, bei ihrem Kommentator Broszat zur reinen Formsache werden. Sie wird mit einer für einen Fachhistoriker geradezu unglaublichen Oberflächlichkeit abgetan. Für Broszat und seine Mitherausgeber bestand offensichtlich von vornherein keinerlei Zweifel daran, daß jede Silbe der Höß-Aufzeichnungen originär von Höß stammt und insbesondere die darin enthaltene Darstellung der Judenvernichtung die reine Wahrheit ist.
Im wesentlichen weiß Broszat zur Echtheit der Aufzeichnungen auf etwa einer halben Seite der Einleitung lediglich folgendes zu sagen:
1. Die "formale Echtheit" der Aufzeichnungen stehe auf Grund "des klaren handschriftlichen Befundes" außer Frage.
2. Ihre inhaltliche Echtheit ergebe sich vor allem aus ihrer "inneren historischen und subjektiven Stimmigkeit".
3. Diese "Stimmigkeit" sei zugleich "sicheres Kriterium" dafür, daß es sich bei den Höß-Aufzeichnungen insgesamt um "freiwillig niedergeschriebeneX nicht irgendwie beeinflußte oder manipulierte Aufzeichnungen" handelt. (Vgl. zu allem Seite 10 der Einleitung.)
Hierzu ist zu bemerken:
[256] Zu 1.: Broszat weist darauf hin, daß handschriftliche Zeugnisse von Höß aus früherer Zeit -- u. a. ein zweiseitiger handschriftlicher Lebenslauf vom 19. 6. 1936 in Höß' SS-Personalakte -- einen Handschriftenvergleich ermöglichten. Zur Frage, ob und von wem ein solcher Handschriftenvergleich vorgenommen wurde und ob er gegebenenfalls -- was mir unabdingbar erscheint -- anhand der "Originale" durchgeführt werden konnte, äußert Broszat sich nicht. Er teilt in diesem Zusammenhang lediglich mit, daß sich die "Originale" der Aufzeichnungen mit anderen in Polen verbliebenen deutschen Akten im polnischen Justizministerium in Warschau befänden und daß als Vorlage für die Edition des Instituts für Zeitgeschichte Fotokopien gedient hätten, die dem Institut "dank der freundlichen Vermittlung" polnischer Dienststellen überlassen worden seien. Broszat will diese "Originale" im November 1956 "an Ort und Stelle" eingesehen haben. Unter welchen Umständen diese "Einsichtnahme" vor sich ging und wieviel Zeit hierfür zur Verfügung stand. teilt Broszat ebenfalls nicht mit. Man muß aber wohl davon ausgehen. daß Broszat selbst damals keinen ausreichenden Handschriftenvergleich vornehmen konnte, zumal da er auch nicht die hierzu erforderlichen Fachkenntnisse haben dürfte. Ein zuverlässiger Handschriftenvergleich könnte selbstverständlich nur durch neutrale Schriftsachverständige auf der Grundlage der "Original"-Aufzeichnungen -- nicht der Fotokopien! -- erfolgen. Hierzu ist es aber mit Sicherheit bislang nicht gekommen. weil Broszat andernfalls wohl darüber berichtet und auf die entsprechenden Gutachten verwiesen hätte.
Rassinier hat übrigens darauf aufmerksam gemacht, daß es unmöglich sei, das nach seinen Angaben im Auschwitz-Museum aufbewahrte "Dokument" an Ort und Stelle zu untersuchen, wenn man nicht gerade Kommunist sei (184). Ein wissenschaftlich qualifizierter Auschwitz-Besucher (Historiker), der sich für die Höß-Niederschriften interessierte, hat mir das nach einem Besuch von Auschwitz im Jahre 1976 bestätigt. Es gelang ihm -- wie er mir brieflich versicherte -- nur unter Schwierigkeiten und Zuhilfenahme eines Tricks für etwa 20 Minuten Einblick in die "Originale" der Aufzeichnungen zu erhalten, die für kurze Zeit in Warschau gewesen seien und sich jetzt im Archiv des Staatlichen Auschwitz-Museums befänden (185).
Auch den von Rassinier aaO. weiter mitgeteilten Umstand, daß die Höß-Aufzeichnungen mit Bleistift geschrieben seien, hat mein Gewährsmann bestätigt. Broszat hat diese wichtige Tatsache nicht einmal erwähnt. Sollte die Erklärung hierfür darin liegen, daß die zwischen den Seiten 24 und 25 der deutschen Ausgabe der Höß-Niederschriften [257] eingeschobene Faksimile-Wiedergabe der ersten Seite der Autobiographie von Rudolf Höß deutlich erkennen läßt, daß der Kopie eine Tintenschrift zugrunde lag? Hat man Broszat bei seinem Besuch in Warschau vielleicht auch Aufzeichnungen von Höß vorgelegt, die mit Tinte geschrieben waren?
Rassinier hat das Faksimile der Handschrift von Höß als Fälschung bezeichnet186. Das ist möglich. Wahrscheinlicher allerdings scheint es mir, daß das Faksimile die echte Höß-Handschrift zeigt, die dann als Modell für die Fälschung der mit Bleistift geschriebenen Aufzeichnungen gedient hat. Mit Bleistift ist eine Fälschung leichter zu bewerkstelligen. Jedenfalls dürfte aber unbestreitbar sein, daß "Originale" von Höß-Aufzeichnungen sowohl in Tintenschrift als auch in Bleistiftschrift vorliegen. Dem Institut für Zeitgeschichte wurden zumindest teilweise Fotokopien der Tintenschrift zur Verfügung gestellt, während die im Archiv des Auschwitz-Museums aufbewahrten angeblichen "Original"-Aufzeichnungen vollständig mit Bleistift geschrieben sind. Diese Aufzeichnungen waren und sind selbstverständlich jeglicher Manipulation zugänglich. Man kann darin z. B. wegradieren und ändern, was einem nicht paßt, oder auch Ergänzungen einschieben. Nach Angaben meines Gewährsmannes sind bei den "Original"-Aufzsichnungen, die er im Auschwitz-Museum gesehen hat, Radierungen an verschiedenen Stellen erkennbar gewesen. Die Frage, von wem sie herrühren, muß offen bleiben.
Wie man sieht, ist hier so gut wie alles noch unklar. Die "formale Echtheit" der Höß-Aufzeichnungen, wie sie das Institut für Zeitgeschichte herausgegeben hat, ist keineswegs so zweifelsfrei, wie Broszat es hinzustellen versucht.
Zu 2.: Mit dem gelehrt klingenden Kauderwelsch von einer "ilmeren historischen und subjektiven Stimmigkeit" der Aufzeichnungen meint Broszat nichts anderes, als daß sie mit denm übereinstimmen, was man über Person und Werdegang von Rudolf Höß ohnehin weiß, daß sie aber auch vor allem dem entsprechen, was man schon immer über Auschwitz behauptet hatte und demzufolge auch von Höß zu hören wünschte. Auf letzteres kam es den Herausgebern besonders an, wie Broszats Einleitung an vielen Stellen erkennen läßt. Nun könnte man zwar hierin die von Historikern schon immer geübte Methode der Quellenkritik sehen, die selbstverständlich erforderlich ist, um den Wert einer historischen Quelle beurteilen zu können. Indessen sind die in diesem Zusammenhang von Broszat herangezogenen Vergleichstatsachen ihrerseits so fragwürdig, daß man hier schon von einem recht merkwürdigen [258] Echtheitsbeweis sprechen muß. Broszat belegt seine Feststellung nämlich im wesentlichen mit dem Hinweis, das viele Einzelheiten der Krakauer Niederschriften "durch die Protokolle der Nürnberger Vernehmungen oder in Dr. Gilberts Bericht über Höß weitgehend bestätigt" würden.
Dieser Vergleich vermag nicht zu überzeugen. Broszat zeigt damit zunächst nur, daß er die auffallenden Widersprüche zwischen den Krakauer Aufzeichnungen und den Nürnberger Protokollen sowie vor allem der von Gilbert präsentierten Höß-Aufzeichnung vom 9. April 1946, die Broszat bezeichnenderweise mit Schweigen übergeht, überhaupt nicht bemerkt hat oder nicht bemerken wollte. Abgesehen hiervon sind die eigenen Aufzeichnungen Gilberts über Höß höchst unzuverlässig. Gilbert machte sich bei seinen Gesprächen mit den Nürnberger Angeklagten und Zeugen- wie er selbst mitteilt (aaO. Seite 9) -- nie Notizen, sondern schrieb das Gehörte erst nachträglich nieder. Außerdem war er selbst nicht unvoreingenommen, wie seine Bemerkung zeigt, er habe "den Beweis für das Nazi-Barbarentum an Orten wie dem Dachauer Konzentrationslager" schon gesehen (aaO. Seite 9). So war von ihm eine in jeder Hinsicht objektive Wiedergabe des von seinen Gesprächspartnern Gesagten kaum zu erwarten, schon gar nicht aber bei einem Mann wie Höß. Und sicherlich nicht ganz zu Unrecht meint Rassinier, Gilbert habe Höß bei seinen Besuchen unter geschickter Ausnutzung der drohenden Auslieferung an die Sowjets suggeriert, was auszusagen nötig war, um der Auslieferung zu entgehen (187). Denn sicherlich gehörte es zu Gilberts Aufgaben als amerikanischer Gefängnispsychologe, die seiner "Obhut" unterstehenden Angeklagten und Zeugen im Sinne der Anklage zu beeinflussen. Die Tätigkeit des Psychologen ist ein Teil der während solcher Schauprozeß-Verfahren üblicherweise vollzogenen "Gehirnwäsche". Auch Höß stand im Krakauer Gefängnis laufend unter der Kontrolle eines Psychiaters (188).
Auch die Protokolle des Nürnberger IMT-Prozesses können, wie wir bereits in anderem Zusammenhang gesehen haben, nicht als zuverlässige Geschichtsquelle gelten oder auch nur als VergleichsmaBstab für andere Dokumente, wie hier die Höß-Niederschriften, herangezogen werden. Denn die unter dem Nürnberger "Recht" produzierten Aussagen enthielten alles andere, nur nicht die zeitgeschichtliche Wahrheit. Darüber sind sich inzwischen alle objektiven und unvoreingenommenen Betrachter dieser Gerichtsfarce einig189. Daß Höß selbst nach seiner Gefangennahme der unmenschlichsten Behandlung ausgesetzt war und in jedem Stadium seiner Haft auf die verschiedenste Weise unter Druck gesetzt wurde, haben wir bereits erörtert (vgl. oben Seiten 176ff).
[259] Nach alledem kann man nur zu der Feststellung kommen, daß Broszat als verantwortlicher Bearbeiter der Höß-Niederschriften nicht einmal im Ansatz eine Quellenkritik versucht hat, die man bei einer Geschichtsquelle dieser Bedeutung und dieser obskuren Herkunft von einem Fachhistoriker eigentlich hätte erwarten dürfen. Auch die von Broszat zum Text der Niederschriften verfaßten Fußnoten sind insoweit ohne jede Bedeutung, soweit sie den behaupteten Tatbestand der Judenvernichtungen betreffen.
Zu 3.: Wenn Broszat schließlich in der behaupteten "Stimmigkeit" der Aufzeichnungen zugleich ein "sicheres Kriterium" für deren Freiwilligkeit und Originalität zu sehen meint, so stellt er damit an den Begriff "sicheres Kriterium" als Historiker erstaunlich geringe Anforderungen. Weit eher ließe sich doch aus der Übereinstimmung der Aufzeichnungen mit dem Geschichtsbild, das uns die Sieger über die KL des Dritten Reiches mitbrachten und durch ihre Nürnberger Schauprozesse zu erhärten suchten, das Gegenteil folgern. Es gehört im übrigen schon eine reichliche Portion Naivität -- wenn nicht bewußte Ignoranz -- zu der Annahme, daß die polnischen Kommunisten mit Höß besonders menschlich umgegangen seien und keinerlei Einfluß auf den Inhalt seiner Niederschriften genommen oder dies wenigstens versucht haben könnten.
Höß schreibt auf Seite 147 seiner Autobiographie, daß man ihn habe "fertig" machen wollen, und es besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieses Teils der Aufzeichnungen zu zweifeln. Wenn Höß dann allerdings weiter feststellt, daß dieses Vorhaben nur durch das Eingreifen der Staatsanwaltschaft verhindert worden sei, so hat er, wenn auch dieses zutrifft, die Situation, in der er sich befand, völlig verkannt. Und ebenso unterlag der zweifellos durch seine Behandlung in britisch-amerikanischer Haft charakterlich gebrochene Höß einem tragischen Irrtum, als er einige Zeilen weiter schrieb (wenn er es schrieb!):
"Ich muß offen sagen, nie hätte ich erwartet, daß man mich so anständig und entgegenkommend in der polnischen Haft behandeln würde, wie es seit dem Einschreiten der Staatsanwaltschaft geschieht."
Denn wenn es sich wirklich so verhielt, dann hatte sich nur die Behandlungsmethode seiner Kerkermeister geändert. Es kann aber überhaupt keinen Zweifel daran geben, daß es diesen geschulten kommunistischen Inquisitoren damals allein darauf ankam, wie in allen im kommunistischen Machtbereich bekanntlich nicht seltenen Schauprozessen m Wege der "Gehirnwäsche" einen geständigen und reuigen [260] Angeklagten zu produzieren, den man möglichst auch noch zur Abgabe eines schriftlichen "Geständnisses" bewegen konnte.
Die sog. Gehirnwäsche, über deren Methoden bereits vielfältige Erfahrungen vorliegen, bedarf nicht der physischen Folter. Von dieser primitiven Beeinflussungsmöglichkeit war man schon damals weitgehend abgekommen. An ihre Stelle ist ein langsames "Garkochen" durch eine raffinierte seelische Beeinflussung getreten. Die Arten seelischer Drangsalierung sind dabei so mannigfaltig und von den jewei]igen Umständen abhängig, daß es zu weit führen würde, sie hier im einzelnen zu beschreiben. Im Vorbereitungsstadium wird das Opfer zunächst durch Erzeugung von Angst, lange Wartezeiten bis zum ersten Verhör und totale Isolation zermürbt. Dann geht man rnit verschiedenen Mitteln daran, es davon zu überzeugen, daß es ein Verbrechen begangen hat, das praktisch als zweifelsfrei erwiesen gilt. Auch scheinbar menschliches Verstehen kann als Mittel dienen, das Opfer gefügig zu machen. Und stets wird bei der Gehirnwäsche in irgendeinem Zeitpunkt ein Psychologe eingeschaltet, dem es obliegt, die letzten seelischen Widerstände zu brechen und das Opfer nach Möglichkeit sogar zu einem schriftlichen "Geständnis" zu bewegen (190).
Wir sahen bereits, daß auch bei Höß der Psychologe nicht fehlte, der wie Broszat es ausdrückt -- in Höß den "Gedanken gefördert" hat, "einen Lebensbericht über sich zu schreiben" (Einleitung Seite 10). Es ist denkbar, daß ihm dabei die belastenden Teile seiner Niederschriften mit den Mitteln psychologischer Beeinflussung -- also durch Drohungen. Versprechungen, Täuschungen usw. -- abgepreßt oder abgelistet wurden. Es gibt -- wie gesagt -- viele Methoden der Gehirnwäsche, und gerade die Kommunisten waren schon damals auf Grund langer und intensiver Erfahrungen Meister darin.
Die Staatsanwaltschaft kann sich aber auch deshalb "anständig" gezeigt haben, um einwandfreie Schriftproben von Höß zu erhalten, die versierten Fälschern später als Vorlage dienen konnten. In diesem Fall brauchte Höß nicht einmal Belastendes selbst zu schreiben. Das ließ sich anhand gewonnener Schriftproben nachträglich ohne weiteres in etwa freiwillige Aufzeichnungen einfügen, besonders wenn diese -- wie hier mit Bleistift niedergeschrieben waren.
Broszat berührt eigenartigerweise alle diese auf der Hand liegenden Fragen überhaupt nicht. Er unterstellt völlig unkritisch einfach alles, was die Aufzeichnungen enthalten, als freiwillige, unbeeinflußte und auch nachträglich in keiner Weise manipulierte Aussage eines Mannes, der doch normalerweise keinen Grund gehabt hätte, sich so ausführlich zu [261] äußern, insbesondere nicht zu Dingen, die ihn selbst an den Galgen bringen mußten. Broszat deutet die angebliche Aussagewilligkeit von Höß als "eilfertig-eifrige Gewissenhaftigkeit eines Mannes, der immer nur im Dienst irgendwelcher Autoritäten steht, der stets seine Pflicht tut,... und deshalb auch bereitwillig sein eigenes Ich, ein erschreckend leeres Ich, dem Gericht in der Form einer Autobiographie übergibt, um der Sache zu dienen" (aaO. Seite 11). Doch ist das wenig überzeugend. Ein derart abstraktes und keinerlei Wertvorstellungen verpflichtetes Pflichtbewußtsein gibt es nicht. Broszat versucht hier aus leicht zu erratenden Gründen mit Hilfe einer illusionären Theorie die harte Wirklichkeit jener Zeit und die besondere Situation, in der Höß sich befand, zu vernebeln.
Nun schreibt allerdings Höß am Schluß seiner Autobiographie (aaO. Seite 151): "Freiwillig und ungezwungen habe ich dies alles niedergeschrieben. " Doch erscheint das im Hinblick auf die damaligen zeitlichen und örtlichen Verhältnisse geradezu als absurd. Den unvoreingenommenen Historiker müßte eigentlich gerade dieser Satz stutzig machen. In der Tat kann nämlich nichts deutlicher machen, daß auf die Niederschrift von anderer Seite Einfluß genommen wurde, da sonst kein Anlaß zu einem solchen "Bekenntnis" bestanden hätte. Wer schließt schon einen persönlichen Lebensbericht mit einer solchen Floskel ab?
Im übrigen liefert sogar die Autobiographie selbst den Beweis, daß Höß seine Niederschriften nicht im eigentlichen Sinne "freiwillig" fertigte. Man war insoweit bei der Redaktion offenbar nicht sorgfältig genug. Auf Seite 63 der Autobiographie -- alsoloch in jenem Teil, der im wesentlichen den persönlichen Werdegang von Höß enthält und daher weitgehend Höß' eigene Gedanken wiedergeben dürfte -- schreibt Höß nämlich: "Gerade in der jetzigen Haft vermisse ich so sehr die Arbeit. Wie dankbar bin ich für die aufgegebenen Schreibarbeiten, die mich voll und ganz ausfüllen."
Höß schrieb mithin nicht aus eigenem Antrieb, sondern die Schreibarbeiten waren ihm "aufgegeben"! Wie die Aufgabe im einzelnen lautete, wissen wir nicht und werden es wohl auch nie erfahren.
Mit den vorstehend zu 1. bis 3. behandelten Argumenten für die angebliche Echtheit der Höß-Niederschriften, die nicht einmal eine halbe Seite der insgesamt 15 Seiten umfassenden Einleitung ausmachen, begnügt sich Broszat. Es ist kaum anzunehmen, daß er oder einer seiner Mitarbeiter darüber hinaus noch etwas zur Feststellung der Echtheit unternommen haben; es wäre dem Leser gewiß mitgeteilt worden. Alles Weitere, insbesondere die die Einleitung abschließenden Ausführungen [262] über "Wesen und Bedeutung der autobiographischen Aufzeichnungen von Höß" (Seiten 13 bis 21 der Einleitung) ist leeres Wortgeklingel und Drumherumgerede, das trotz allem Bemühen des Kommentators Broszat die Fragwürdigkeit des Ganzen eher noch vergrößert. Auch fehlen zum Text der Aufzeichnungen in ihren entscheidenden Teilen -- also dort, wo Höß (oder ein Fälscher?) seine völlig unsinnigen Behauptungen über die technische Durchführung der angeblichen Vernichtungsaktionen aufstellt- quellenkritische Anmerkungen gänzlich. Bei einer "wissenschaftlichen Edition" ist das ungewöhnlich. Berücksichtigt man alles dies, so erscheint die Feststellung Heinrich Härtles durchaus glaubhaft, daß Broszat "von der exakten Geschichtsforschung nicht für voll genommen" werde, seit er "die unglaubwürdigen angeblichen Aufzeichnungen des >Kommandanten von Auschwitz<, Höß, eingeleitet und kommentiert hat" (191).
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß nicht einmal Ansätze dafür erkennbar sind, daß die "Historiker" des Instituts für Zeitgeschichte dieses von ihnen herausgegebene "Dokument" nach herkömmlichen wissenschaftlichen Methoden auf seine Glaubwürdigkeit hin überprüft haben. Nicht einmal die formale Echtheit der angeblichen Höß-Niederschriften in der vom Institut für Zeitgeschichte vorgelegten Fassung kann als gesichert gelten. Als Geschichtsquelle können sie daher nur mit Einschränkung herangezogen werden. Soweit sie die angebliche Judenvernichtung behandeln, kommt ihnen -- insbesondere aus den schon im vorigen Abschnitt angeführten Gründen -- keinerlei Beweiskraft zu.
Damit könnte unsere Untersuchung über die Authentizität der Höß-Niederschriften abgeschlossen werden, da die offensichtlich mangelhafte Verifikation dieser "Geschichtsquelle" durch ihre Herausgeber im Grunde jedes weitere Wort überflüssig macht. Trotzdem möchte ich die Aufmerksamkeit des Lesers noch auf eine Reihe weiterer Gesichtspunkte lenken, die schon dem Laien erkennbar machen, daß die Höß-Niederschriften weitgehend manipuliert wurden. Ihre Überprüfung durch qualifizierte und unabhängige Fachwissenschaftler könnte hierzu sicherlich noch manchen zusätzlichen Beweis liefern. Doch man wird sie -- wie bisher -- nach Möglichkeit zu verhindern wissen.
In erster Linie drängt sich die Frage auf, weshalb denn eigentlich diese doch angeblich so wichtige Geschichtsquelle der Öffentlichkeit länger als ein Jahrzehnt vorenthalten wurde. Zwar berichtet uns Broszat in seiner Einleitung zur 1958 erschienenen Ausgabe des Instituts für Zeitgeschichte, daß das "Außergewöhnliche dieser Quelle" die polnische "Hauptkommission zur Untersuchung der nat.-soz. Verbrechen in [263] Polen" schon 1951 zu einer "ersten Veröffentlichung von Höß-Aufzeichnungen in polnischer Übersetzung" bewogen habe und daß nach dieser ersten Teilveröffentlichung eine vollständige Veröffentlichung der Aufzeichnungen -- ebenfalls in polnischer Sprache -- im Verlag des polnischen Justizministeriums in Warschau erschienen sei (aaO. Seite l1). Immerhin waren aber auch damals schon 4 bzw. 9 Jahre seit dem Tode von Rudolf Höß verstrichen, und es mutet mehr als seltsam an, daß man die angebliche Lebensbeichte eines solchen Mannes so lange zurückhielt, ganz abgesehen davon, daß man sie zunächst in einer Sprache herausbrachte, die er selbst nie gesprochen hatte.
Die beiden polnischen Ausgaben wurden überdies -- wie Broszat weiter mitteilt -- nur "einigen Fachleuten in Deutschland und dem westlichen Ausland bekannt" und sollen einen französischen Schriftsteller zu einer entsprechenden Romanhandlung inspiriert haben (aaO. Seiten 11-12) . Darüber kann man sich nur wundern. Denn wenn -- wie Broszat behauptet -- Fachleute in Deutschland bereits zu Beginn der 50er Jahre darüber unterrichtet gewesen sein sollen, daß Höß bei seinem Tode schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen hatte, so ist kaum zu verstehen, warum sie sich nicht sogleich um diese wichtige Geschichtsquelle bemühten und deren Zuverlässigkeit zu ergründen suchten. Hierzu bestand doch um so mehr Veranlassung, als damals über das KL Auschwitz-Birkenau und seine angebliche Bedeutung noch weitgehende Unklarheit bestand. Auch hätten westliche Wissenschaftler seinerzeit sicherlich Übersetzungen in die Sprache ihres Landes veranlaßt, wenn sie wirklich zuverlässige Kunde von diesem außergewöhnlichen Dokument gehabt hätten. In Wirklichkeit scheint man also polnischerseits noch nicht an einer allzu großen Publizität dieser heute als so überaus bedeutungsvoll angesehenen Niederschriften interessiert gewesen zu sein.
Angesichts aller dieser Umstände könnte man auf den Gedanken kommen, daß gewisse an der Durchsetzung der Auschwitz-Legende intereSsierte Kreise zu jener Zeit erst noch versuchten, den Rahmen für das abzustecken, was einmal als "Lebensbeichte" des Rudolf Höß an die Weltöffentlichkeit gelangen sollte. Daß etwa gleichzeitig mit der ersten polnischen Teilveröffentlichung der von Broszat erwähnte französische Schriftsteller einen Höß-Roman mit dem Titel "La mort est mon métier" (Der Tod ist mein Beruf) verfaßte, sollte zu denken geben. Möglicherweise "befruchtete" man sich da gegenseitig, und das deutsche "Original" der Niederschriften wurde damals erst in seinen heute für besonders wichtig gehaltenen Teilen konzipiert und erarbeitet oder bearbeitet.
[264] Doch mag es sein, wie es will. Zumindest hätte man von den deutschen Herausgebern der Höß-Niederschriften Aufklärung darüber erwarten dürfen, warum die "Redaktion" der (wirklichen oder nur fingierten?) Aufzeichnungen von Rudolf Höß in ihrer deutschen Originalsprache mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nahm. Daß diese Frage von ihnen nicht einmal angeschnitten wird, ist aufschlußreich genug. Die durch nichts begründete Zurückhaltung eines zweifellos bemerkenswerten Dokuments in seinem Urtext über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt hinaus ist jedenfalls mit der Behauptung, es sei in jeder Hinsicht authentisch und sogar das "maßgebendste Zeugnis" (Rawicz) ftir die angeblichen Judenvernichtungen in Auschwitz-Birkenau, kaum zu vereinbaren. Normalerweise hätte ein solches Dokument unmittelbar nach seiner Abfassung allen daran interessierten Fachwissenschaftlern zur Prüfung und Auswertung zugänglich gemacht werden müssen. Hierauf will man sich aber polnischerseits offenbar selbst heute noch nicht einlassen. So erscheint denn schon aus diesem Grunde die Vermutung nicht abwegig, daß die Höß-Niederschriften nicht nur weitgehend das Ergebnis einer kunstgerechten "Gehirnwäsche" waren, sondern daß sie darüber hinaus sogar noch nachträglich ergänzt oder teilweise verändert wurden. Eine andere Erklärung für die Tatsache, daß dieses Dokument erst so spät -- und immer noch nicht vollständig! -- auftauchte, ist kaum denkbar (192).
Bei näherer Betrachtung des Gesamtinhalts der uns vorliegenden Aufzeichnungen erfährt diese These sogar eine gewisse Bestätigung. Man kann wohl davon ausgehen, daß jedenfalls die Autobiographie von Rudolf Höß insoweit echt ist, als sie den persönlichen Werdegang von Höß, seine höchstpersönlichen Vorstellungen, Überzeugungen und Gefühle sowie alle mit der angeblichen Judenvernichtung nicht im Zusammenhang stehenden dienstlichen Vorgänge widerspiegelt. Es wäre selbst für eine Gruppe von Fälschern viel zu mühsam und zeitraubend gewesen, alle diese Einzelheiten selbst zusammenzutragen und schriftlich niederzulegen. So ließ man Höß wohl schon aus diesem Grunde den größten Teil der Autobiographie selbst schreiben. Außerdem konnte man auf diese Weise eine umfangreiche Handschriftenprobe von Höß erhalten, mit deren Hilfe sich nicht nur sein Schriftbild, sondern auch was für Ergänzungen und Änderungen wichtig war -- sein Stil und seine Wortwahl ermitteln ließen. Hatte man aber diese Grundlagen, so war es für versierte Fälscher ein Leichtes, den erwünschten Inhalt zu manipulieren, soweit nicht Höß selbst schon auf Grund der an ihm vollzogenen Gehirnwäsche sich zu belastenden Aussagen bereitgefunden hatte.
[265] Dafür, daß es sich so und nicht anders verhält, gibt es in den Niederschriften eine ganze Reihe von Anhaltspunkten, die kaum einen anderen Schluß zulassen. Wir wollen uns auf den folgenden Seiten damit befassen, wobei vorauszuschicken ist, daß unsere Analyse keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie muß sich schon aus Platzgründen auf die wichtigsten und augenfälligsten Punkte beschränken.
Betrachten wir die Autobiographie, so fällt vor allem auf, daß viarin eigenartigerweise nur die angebliche Vernichtung der Juden in den ersten Behelfsanlagen, den -- wie es heißt -- zu Gaskammern umgebauten Bauernhäusern, geschildert wird. Über die Krematorien und Gaskammern, die später gebaut worden sein sollen) schreibt Höß in seiner Autobiographie überhaupt nichts. Das ist um so auffälliger, weil Höß bis Ende des Jahres 1943 Kommandant von Auschwitz war. Der angeblich im Winter 1942/43 begonnene Bau der Krematorien und deren Inbetriebnahme im Frühjahr 1943, was sicherlich mancherlei Probleme mit sich gebracht haben mußte, fiel also in seine Kommandantenzeit. Ebenso verliert Höß über die fast ständig in der Auschwitz-Region grassierenden Typhusepidemien, die Butz als den eigentlichen Grund für den Bau von großen Krematorien in Birkenau ansieht (193), kein Wort. Höß übergeht also in seiner Autobiographie -- wenn man so will -- wichtigste Tatbestände aus der Geschichte des Lagers Auschwitz-Birkenau, die er persönlich erlebt haben muß und die wahrscheinlich in mehr als einer Hinsicht problematisch waren.
Es kommt hinzu, daß der Abscnnitt über die Judenvergasungen nur etwas über 9 Seiten des insgesamt 42 Seiten umfassenden Auschwitzabschnitts in der Autobiographie einnimmt (aaO. Seiten 120-130). Das ist recht wenig, wenn die Hauptbedeutung von Auschwitz-Birkenau wirklich darin bestanden haben sollte, alle im deutschen Machtbereich befindlichen Juden zu vernichten.
Ganz ausführlich behandelt Höß dagegen die Judenvernichtung in seiner angeblich schon einige Monate früher entstandenen gesonderten Abhandlung "Die Endlösung der Judenfrage im KL Auschwitz", auf die er jedoch in seiner Autobiographie an keiner Stelle Bezug nimmt. Hier äußert er sich insbesondere auch eingehend zu den angeblichen Vergasungen und Verbrennungen in den neuen Krematorien von Birkenau, mit denen wir uns bereits im vorigen Abschnitt beschäftigt haben. Diese Abhandlung ist vermutlich in ihrer Gesamtheit eine erst nach dem Tode von Höß entstandene Fälschung. Denn abgesehen von den darin enthaltenen Widersprüchen und Ungereimtheiten, auf die schon hingewiesen wurde, enthält sie den Kern der Greuelpropaganda sozusagen in einem [266] Guß. Sie macht ganz den Eindruck einer "Auftragsarbeit", die bemüht ist, die mit der Legende einhergehenden Widersprüche nach Möglichkeit auszugleichen oder doch zu verwischen, was freilich -- wie wir sahen -- nicht immer gelungen ist. Es ist schon bezeichnend genug, daß sie in der Sprache der Sieger mit dem Slogan der Greuelpropaganda "Endlösung der Judenfrage" betitelt ist, obwohl dokumentarisch bis heute nicht nachweisbar ist, daß der Begriff "Endlösung" jemals die Bedeutung von "Vernichtung" hatte.
Die Erklärung für diese eigenartige Behandlung der angeblichen Judenvernichtung in den Höß-Niederschriften erscheint recht einfach. Höß hatte mit Sicherheit in seiner Autobiographie auch einige Seiten über die in Auschwitz grassierenden Seuchen, den dadurch veranlaßten Bau der Krematorien und die damit verbundenen Probleme geschrieben. Das alles paßte natürlich nicht zur Legende, so daß man bei der "Redaktion" der Autobiographie diese Seiten entfernte und durch andere -- gefälschte -- ersetzte. Auf diesen etwas mehr als 9 Seiten ließ sich aber nicht alles, was man Höß zum Thema Judenvernichtung sagen lassen wollte, unterbringen, weshalb man noch die gesonderte Abhandlung über die Endlösung fertigte und als schon vorher -- im November 1946 von Höß niedergeschriebene Aussage ausgab. Man vergaß dabei nur, in die von Höß im Februar 1947 abgeschlossene Autobiographie Bezugnahmen auf diese angeblich vorher entstandene Abhandlung aufzunehmen, was Höß sicher nicht versäumt hätte, wenn die Ausführungen über die Judenvernichtung in Autobiographie und dieser Abhandlung von ihm selbst niedergelegt worden wären.
Obwohl diese Erklärung am wahrscheinlichsten ist, ist selbstverständlich auch nicht auszuschließen, daß Höß die Aussagen über die Judenvernichtung unter Zwang selbst schrieb. Nur eines ist schon vom Inhalt der Aussagen her nicht möglich: daß sie aus Höß' eigenem Kopf stammten und der Wahrheit entsprechen. Abgesehen von den bereits im vorigen Abschnitt für die Unglaubwürdigkeit dieser Passagen angeführten Gründen gibt es noch einige weitere Hinweise darauf, daß es sich insoweit nicht um freiwillige, der Wahrheit entsprechende Aussagen von Höß handelt.
So spricht für eine nachträgliche Einfügung der etwa 9 Seiten umfassenden Passage über die behelfsmäßige Judenvernichtung in die Autobiographie der Umstand, daß damit das Auschwitzkapitel abgeschlossen wird, während sich diese Vorgänge 1942 -- also um die Mitte der Kommandantenzeit von Höß -- abgespielt haben sollen. Den Abschluß von Höß' Kommandantenzeit hätte eigentlich der Bericht über die [267] Inbetriebnahme der neuen Krematorien im Frühjahr und Sommer 1943 bilden müssen, wovon in der Autobiographie -- wie gesagt -- kein Wort zu finden ist. Vor diesem letzten Teil des Auschwitzkapitels spricht Höß die angebliche Judenvernichtung ausdrücklich nur an zwei Stellen an, die ebenfalls wahrscheinlich nachträglich eingeschoben oder entsprechend verändert wurden.
Auf Seite 110 der Autobiographie liest man hierzu folgendes:
"Als der RFSS seinen ursprünglichen Juden-Vernichtungsbefehl von 1941, nach dem alle Juden ausnahmslos zu vernichten waren, dahin abänderte, daß die Arbeitsfähigen fur die Rüstungsindustrie heranzuziehen seien, wurde Auschwitz Judenlager, ein Judensammellager in einem Ausmaß, das bis dahin nicht gekannt. "
Höß hatte vorher von einem "Judenvernichtungsbefehl", auf den sich dieser Satz beziehen könnte, nichts erwähnt, so daß Broszat sich bemüßigt fühlt, in einer Fußnote insoweit auf die gesonderte Abhandlung über die "Endlösung" hinzuweisen. Höß hätte das vermutlich selbst getan, wenn er diese Abhandlung und jenen Satz auch selbst verfaßt hätte. Auch sonst paßt der zitierte Satz aber nicht recht in den Zusammenhang, so daß seine nachträgliche Einfügung wahrscheinlich ist. Bei einer Bleistiftschrift war das ohnehin kein Problem. Die Tatsache, daß am Schluß des Satzes das Hilfszeitwort fehlt, deutet im übrigen darauf hin, daß er von jemandem stammen muß, der der deutschen Sprache nur unvollkommen mächtig war. Der Stil von Höß ist das nicht!
Die gleiche Beobachtung können wir an anderer Stelle machen. Auf den Seiten 105-106 schildert Höß einen im Juli 1942 erfolgten Besuch Himmlers in Auschwitz, bei dem dieser sich u. a. das Zigeunerlager mit seinen überfüllten Wohn- und Krankenbaracken angesehen habe. Es heißt dann weiter wörtlich:
"Er sah alles genau und wirklichkeitsgetreu -- und gab uns den Befehl, sie zu vernichten, nachdem die Arbeitsfähigen wie bei den Juden ausgesucht."
Auch hier also wieder das fehlende Hilfszeitwort am Schluß des Satzes, eine Sprachschluderei, die sonst in Höß' Aufzeichnungen über sein Leben nicht zu finden ist. Ferner hat dieser Satz ebenfalls in den vorangehenden Ausführungen keinen Bezugspunkt, soweit er die Juden betrifft. Über die Juden in Auschwitz beginnt Höß erst ab Seite 108 der Autobiographie zu sprechen, und auch dann wird zunächst noch mit keinem Wort angedeutet, daß sie ins Lager gebracht wurden, um dort liquidiert zu werden.
[268] Außer an diesen beiden Stellen, bei denen es sich also nur um nachträglich eingeschobene Passagen handeln kann, wird die angebliche Judenvernichtung im Auschwitzkapitel der Autobiographie -- wie bereits erwähnt -- nur am Schluß in einem geschlossenen Block im Umfang von etwa 9 Seiten -- beginnend mit Seite 120 und endend mit Seite 130 -- angesprochen. Zuvor schildert Höß die einzelnen Häftlingskategorien sowie deren Verhalten, nachdem er den schwierigen Aufbau des Lagers und seine Bedeutung als Arbeitslager eingehend herausgestellt hat. Er spricht auch viel von seinen Auffassungen über die Führung eines KL und die Behandlung der Häftlinge, wobei er immer wieder die Wichtigkeit einer menschlichen Behandlung zur Erhaltung und Förderung der Arbeitskraft und Arbeitsmoral der Häftlinge betont. Immer wieder beklagt er sich auch, daß er in dieser Zielsetzung von seinen Unterfiihrern weitgehend nicht verstanden worden sei, ja daß sie sogar den -- wie Höß es nennt -- "Terror der inneren Gewalten" geduldet hätten, nämlich die Quälereien und Mißhandlungen von Häftlingen durch ihre eigene Häftlingshierarchie, die auch Rassinier aus eigener Erfahrung anschaulich in seinem Buch "Die Lüge des Odysseus" geschildert hat.
Wenn man das alles so liest, gewinnt man zunächst nur den Eindruck. daß Auschwitz ein riesiges Menschenreservoir für kriegswirtschaftliche Arbeiten, nicht aber -- wie es immer dargestellt wird -- ein Vernichtungslager für Juden gewesen ist. Dies um so mehr, als Höß auf Seite 120 schließlich gewissermaßen zusamnmenfassend ausdrücklich feststellt:
"Nach dem Willen des RFSS waren die KL zur Rüstungsfertigung eingesetzt. Ihr war alles andere unterzuordnen."
Höß bekräftigt das sogar noch mit einigen weiteren Sätzen und meint u. a., daß auch er von dieser Notwendigkeit als einer der Voraussetzungen zur Erringung des Endsiegs überzeugt gewesen sei; er habe geglaubt, dafür "arbeiten zu müssen, ja nichts versäumen zu dürfen" (194).
Und erst jetzt kommt -- noch auf derselben Seite 120 -- ein auffallender Bruch in der Gesamtdarstellung. Der folgende Absatz beginnt nämlich mit dem in keinerlei Beziehung zum Vorhergehenden stehenden Satz:
"Nach dem Willen des RFSS wurde Auschwitz die größte Menschen-Vernichtungsanlage aller Zeiten."
Es ist die Einleitung zu der nun folgenden Geschichte des Beginns der angeblichen Judenvernichtungen, die hier völlig den Eindruck eines Torsos hinterläßt. Im Anschluß daran berichtet Höß dann nur noch über seine Zeit als Amtschef des Wirtschaftsverwaltungshauptamts der Waffen-SS in Berlin und über das Kriegsende.
[269] Es wurde schon ausgeführt, daß diese 9 Seiten über die Judenvernichtung ursprünglich einen anderen Inhalt gehabt haben müssen und wahrscheinlich nachträglich an die Stelle des früheren Inhalts dieser Seiten gesetzt wurden (vgl. oben Seiten 265ff). Zur vollständigen Darstellung der angeblichen Judenvernichtung reichten die zur Verfügung stehenden 9 Seiten offenbar nicht aus. Jedenfalls fällt dieser Teil der Autobiographie unverkennbar aus dem Rahmen der Gesanmtdarstellung. Das wird bereits an der offensichtlichen Unvereinbarkeit der oben zitierten beiden Sätze deutlich, die fast unmittelbar aufeinander folgen. Der Fälscher war zwar am Anfang des Teilstücks über die Judenvernichtung ängstlich bemüht, die Ausdrucksweise von Höß ("Nach dem Willen des RFSS...") beizubehalten. Aber gerade das macht den Widerspruch besonders auftällig und eindrucksvoll. Denn der RFSS (Reichsführer-SS Himmler) wird kaum zwei völlig entgegengesetzte Willensentscheidungen getroffen haben.
Im weiteren Verlauf der Darstellung verstärkt sich dieser Eind{uck noch. Denn was Höß dort über die Judenvernichtung sagt und wie er es sagt, das beweist keineswegs -- wie Broszat meint (Einleitung Seite 10) "die Urheberschaft des mit seinem Gegenstand wohlvertrauten Auschwitzer Kommandanten". Es ist vielmehr nichts weiter als wieder aufgewärrnte Greuelküchenkost, wie sie in der ersten Nachkriegszeit in bezug auf alle deutschen KL einem bedauernswerten Publikum mit phantasieloser Gleichförmigkeit vorgesetzt wurde, ja mitunter sogar heute noch z.B. durch die jüngst erfolgte Neuauflage von Eugen Kogons Buch "Der SS-Staat" -- vorgesetzt wird. Die Höß zugeschriebene Schilderung stimmt mit solchen Darstellungen manchmal fast wörtlich überein, was über ihre einheitliche Herkunft kaum noch Zweifel offen läßt. Stil und Inhalt dieses Teils der Autobiographie lassen es ausgeschlossen erscheinen, daß er von dem sonst in seiner Darstellung so nüchtern und oft fast langweilig wirkenden Höß stammt. Rassinier spricht deshalb insoweit mit Recht von einer "Sammlung unkontrollierbarer Klatschgeschichten" und vergleicht dieses "Werk" ironisch mit dem "Roman der Portiersfrau" (195). Einige Hinweise mögen das veranschaulichen.
So enthält diese Höß in den Mund gelegte Geschichtensammlung z. B . die bekannte Geschichte von Müttern, die vor dem Betreten der Gaskammer ihre Säuglinge unter Kleiderbündeln zu verstecken suchten, ein zwar unmögliches und unsinniges Bild, mit dem man sich aber wohl besondere Wirkungen auf die Gefühlswelt eines Durchschnittslesers versprach. Ferner erscheinen in der Darstellung auch jene Opfer, deren aufrechte Haltung beim Gang in die Gaskammer man Höß rühmen läbt, wie [270] etwa der "alte Mann", der vor seiner "Vergasung" den Deutschen Vergeltung verheißt und in vielen ähnlichen Geschichten -- manchmal ist es auch eine Frau -- immer wieder vorkommt. Daß diese Legenden im Widerspruch zu der Behauptung stehen, den Opfern sei bis zuletzt vorgetäuscht worden, daß sie zum Baden oder zur Desinfektion geführt würden, wird dabei stets übersehen. Natürlich läßt man Höß auch das Entfernen der Goldzähne und Abschneiden der Haare der Toten wie überhaupt die als besonders abscheulich und unverständlich bezeichnete Tätigkeit der jüdischen Sonderkommandos erwähnen: "wiederholt" entdeckten sie "nähere Angehörige unter den Leichen" (aaO. Seite 126). Auch hier ist wieder die schamlose Spekulation auf die Gefühlswelt gutgläubiger Leser unübersehbar. Das besonders beliebte Greuelmärchen vom Übergießen der brennenden Leichenhaufen mit dem dabei anfallenden Leichenfett bleibt selbstverständlich ebenfalls nicht unerwähnt, ein physikalisch und technisch unmöglicher Vorgang.
Bei dieser Darstellung der Tätigkeit des sogenannten Sonderkommandos ist den "Redakteuren" der Höß-Aufzeichnungen allerdings ein Fehler unterlaufen, der so schwerwiegend ist, daß sich damit die Judenvernichtungslegende sozusagen von selbst erledigt. Bei der Beschreibung des Herausschleppens der Leichen aus den "Gaskammern" durch die Männer des Sonderkommandos läßt man Höß nämlich wörtlich sagen: "Beim Leichenschleppen aßen sie oder rauchten.a (aaO. Seite 126)
Zeitlich geschah das unmittelbar im Anschluß an die "Vergasung". Es heißt hierzu an anderer Stelle der Aufzeichnungen: "Eine halbe Stunde nach dem Einwurf des Gases wurde die Tür geöffnet und die Entlüftungsanlage eingeschaltet. Es wurde sofort (Hervorhebung vom Verf.) mit dem Herausziehen der Leichen begonnen." (aaO. Seite 166)
Wir erfahren also -- mit anderen Worten --, daß das Sonderkommando seine Arbeit, die dieser Darstellung zufolge u. a. auch noch das Herausziehen der Goldzähne und Abschneiden der Haare der Gastoten umfaßte, bereits eine halbe Stunde nach dem Einwurf des Gases in die Kammern aufnahm, und zwar ohne Gasmaske! Denn die Männer des Sonderkommandos "aßen oder rauchten" dabei, was selbstverständlich mit Gasmaske nicht möglich gewesen wäre.
Damit aber wird die Lüge offenkundig! Dieser Geschichte fehlt jede Wirklichkeitsbezogenheit, weil sie einen im Hinblick auf die Wirkungsweise des Zyklon B ganz unmöglichen Vorgang beschreibt. Da sie indessen auch sonst in dieser oder ähnlicher Form Bestandteil der einschlägigen Greuelliteratur ist, mußte sie wohl zwangsläufig auch Höß in den Mund gelegt werden.
[271] Daß es in Wirklichkeit ganz unmöglich war, einen mit Zyklon B gesättigten Raum nach so kurzer Zeit ohne Gasmaske zu betreten und darin sogar noch zu arbeiten, wird einwandfrei durch zwei Dokumente bewiesen. Es handelt sich dabei um Unterlagen aus dem Arbeitsgebiet der Firma DEGESCH, die das Ungeziefervertilgungsmittel Zyklon B herstellte und vertrieb. Beide Dokumente wurden in dem Nürnberger Prozeß des amerikanischen Militärtribunals gegen Angehörige der IG-Farben-Industrie (Fall 6 der Nachfolgeprozesse) vorgelegt, ohne daß allerdings ihre die Gaskammerlegenden ad absurdum führende Bedeutung erkannt wurde. Seither sind sie "verschollen" und werden bezeichnenderweise in der einschlägigen Literatur mit keinem Wort mehr erwähnt. Ich verdanke ihre Kenntnis einem Hinweis des französischen Universitätsprofessors Dr. Robert Faurisson. Es gelang mir, Fotokopien dieser Dokumente im Staatsarchiv Nürnberg ausfindig zu machen und einzusehen. Ihr Inhalt muß im Hinblick auf die üblichen Darstellungen in der Greuelliteratur geradezu als sensationell bezeichnet werden.
Das eine dieser Dokumente (NI-9098) ist eine Broschüre der Firma DEGESCH, die 8 Vorträge aus dem Arbeitsgebiet dieser Firma enthält. Aus ihr ergibt sich vor allem, daß die "Lüftbarkeit" des Gases Zyklon B "wegen starken Haftvermögens des Gases an Oberflächen erschwert und langwierig" ist (aaO. Seite 47). Es muß demnach nicht nur an Gegenständen und in den durchgasten Räumen, sondern insbesondere auch an etwaigen Gasleichen selbst ziemlich dauerhaft gehaftet haben, so daß der Umgang mit solchen Leichen in jedem Fall das Tragen einer Gasmaske erfordert hätte.
Das andere Dokument (NI-9912) -- "Richtlinien für die Anwendung von Blausäure (Zyklon) zur Ungeziefervertilgung" -- ist eine Gebrauchsanweisung für die Arbeit mit diesem Präparat. Es gibt die Entlüftungszeit für Zyklon B mit "mindestens 20 Stunden" an. Weiter geht daraus hervor, daß zur Arbeit mit Zyklon B bzw. in den damit durchgasten Räumen stets eine Gasmaske getragen werden muß, und zwar sogar mit einem besonderen Spezialfilter. Für die Entlüftung der durchgasten Räume sind detaillierte Anweisungen einzuhalten; sie können keinesfalls "vor Ablauf von 21 Stunden nach Beginn der Lüftung" wieder ohne Gasmaske betreten werden. Eine beschleunigte Entlüftung ist also gar nicht möglich. In beiden Dokumenten wird im übrigen wiederholt nachdrücklich betont, daß der Umgang mit diesem Gas und die Entlüftung der damit durchgasten Räume speziell hierfür ausgebildetes Personal erfordert. Nirgendwo aber wird berichtet, daß jüdische Sonderkommandos jemals eine derartige Spezialausbildung erhalten hätten.
[272] Keinesfalls also konnte das Sonderkommando die "Gaskammer" bereits eine halbe Stunde nach Einwurf des Gases ohne Gasmaske betreten und dort all die Hantierungen vornehmen, die in den Höß-Aufzeichnungen und anderswo immer vieder geschildert werden. Kein "Augenzeuge", der Gegenteiliges berichtet, kann jemals einer "Vergasung" beigewohnt haben -- auch Höß nicht!--
Richten wir unseren Blick nun noch auf einige Ungereimtheiten in der Autobiographie und in der Abhandlung "Die Endlösung...", die das bisher Gesagte unterstreichen.
Jener Abhandlung zufolge soll Himmler bei Erteilung des Vernichtungshefehls an Höß diesem auferlegt haben, hierüber "strengstes Stillschweigen" zu bewahren, auch seinen Vorgesetzten gegenüber (aaO. Seite 153). Höß hatte das schon bei seiner Anhörung als Zeuge in Nürnberg behauptet (vgl. oben Seite 183). In seiner Autobiographie läßt man Höß jedoch folgendes sagen (aaO. Seite 128):
"Der RFSS schickte verschiedentlich höhere Partei- und SS-Führer nach Auschwitz, damit sie sich die Vernichtungder Juden ansahen. Alle waren davon tief beeindruckt... Stets wurde ich dabei gefragt, wie meine Männer diesen Vorgang dauernd mitansehen könnten, wie wir dies aushalten könnten."
Weiter geht aus der Schilderung der Judenvernichtungen in der Autobiographie klar hervor, daß an diesen Vorgängen zahlreiche, zum Teil namentlich genannte Unterführer und SS-Männer beteiligt waren.
Die offensichtlichen Abweichungen der Autobiographie von der bis dahin verfolgten Geheimhaltungsversion sind allein daraus zu erklären, daß nach der Hinrichtung von Höß ein weiterer Prozeß vor dem Obersten Volkstribunal in Krakau gegen zahlreiche Mitglieder des ehemaligen SS-Personals von Auschwitz stattfand, bei dem diese angeblichen Höß-Aussagen vermutlich eine wesentliche Rolle für die Verurteilungen spieltenz (196).
Noch ein weiterer Widerspruch macht die nachträgliche Manipulation der Autobiographie deutlich. Während Höß in dem wahrscheinlich authentischen Teil dieser Aufzeichnung -- also vor Beginn seiner angeblichen Schilderung der Judenvergasungen- immer wieder betont, daß er sich persönlich um nichts anderes als den Auf- und Ausbau des Lagers habe kümmern können (vgl. z.B. Seiten 93, 119), läBt man ihn gegen Ende des Auschwitz-Kapitels (aaO. Seite 128) folgendes sagen:
"Ich mußte, ob Tag oder Nacht, beim Heranschaffen, beim Verbrennen der Leichen zusehen, mußte das Zahnausbrechen, das Haarabschneiden, all das Grausige stundenlang mitansehen. Ich mußte selbst bei der grausigen, unheimlichen Gestank verbreitenden Ausgrabung der Massengräber und dem Verbrennen [273] stundenlang dabeistehen. Ich mußte auch durch das Guckloch des Gasraumes den Tod selbst ansehen, weil die Ärzte mich darauf aufmerksam machten. Ich mußte dies alles tun -- weil ich derjenige war, auf den alle sahen, weil ich allen zeigen mußte, daß ich nicht nur die Befehle erteilte, die Anordnungen traf, sondern auch bereit war, selbst überall dabei zu sein, wie ich es von den von mir dazu Kommandierten verlangen mußte."
Wieder einmal wird hier etwas geschildert, was mit den früheren Ausführungen von Höß nicht zu vereinbaren ist. Wenn Höß sich tatsächlich "Tag und Nacht" -- wie es hier behauptet wird -- um die angeblichen Judenvernichtungen hätte kümmern müssen, dann hätte er für das, was er vorher auf vielen Seiten seiner Autobiographie als seine Hauptaufgaben bezeichnet hatte, überhaupt keine Zeit gehabt.
Die Unglaubvvürdigkeit des meiner Meinung nach nachträglich in die (echte) Autobiographie eingeschobenen Teils über die Judenvernichtung zeigt sich auch an einem auffallenden inneren Widerspruch. Höß erwähnt darin nämlich -- wie schon in Nürnberg -- den entsetzlichen Gestank, den die Judenvernichtung angeblich zur Folge hatte. In der Einzelabhandlung "Die Endlösung..." läßt man ihn gar behaupten, daß der Verbrennungsgeruch viele Kilometer weit über das Land gezogen sei, so daß "die ganze umwohnende Bevölkerung von den Juden-Verbrennungen sprach, trotz der Gegenpropaganda von seiten der Partei und den Verwaltungsdienststellen" (aaO. Seite 159). Dem Schluß des Auschwitz-Kapitels kann man jedoch entnehmen, daß Höß' Familie, insbesondere seine Frau, von all dem offenbar nichts bemerkte, obwohl die Kommandantenwohnung am Rande des Stammlagers lag. War ihr Geruchssinn etwa verkümmert? Höß sagt sogar am Schluß des Kapitels ausdrücklich, daß seine Frau von den Dingen, die ihn "bedrückten", "nie erfahren" habe (aaO. Seite 130). Das kann sich nur auf die angebliche Judenvernichtung beziehen, von der vorher die Rede war.
Übrigens hatte Höß als Zeuge in Nürnberg ausgesagt, er habe seiner Frau trotz der befohlenen Geheimhaltung von den Judenvernichtungen erzählt, nachdem diese durch Bemerkungen des damaligen Gauleiters von Oberschlesien darauf aufmerksam gemacht worden sei197. Wie aber hatte der Gauleiter trotz der angeordneten Geheimhaltung davon erfahren? Die Widersprüche nehmen kein Ende -- vermutlich deshalb, weil die Legende aus vielen verschiedenen Quellen gespeist wurde.
Einen groben Schnitzer leisteten die Fälscher sich damit, daß sie Höß einen Unterschied zwischen "oberschlesischen" und "deutschen" Juden machen ließen. In der Abhandlung "Die Endlösung..." (aaO. Seite 158) kann man hierzu folgendes lesen:
[274] "Ursprünglich waren laut RFSS-Befehl alle durch die Dienststelle Eichmann nach Auschwitz transportierten Juden ausnahmslos zu vernichten. Dies geschah auch bei den Juden aus dem Gebiet Oberschlesien, aber schon bei den ersten Transporten deutscher Juden kam der Befehl, alle arbeitsfähigen Juden... auszusuchen und im Lager für Rüstungszwecke einzusetzen."
Auch bei der zahlenmäßigen Aufstellung auf Seite 162 aaO. werden die Juden aus "Oberschlesien" und aus "Deutschland" getrennt aufgeführt. Höß würde sich selbst gewiß nicht so ausgedrückt haben, da für ihn zweifellos Oberschlesien zu Deutschland gehörte; er war Teilnehmer der Freikorpskämpfe in Oberschlesien nach dem Ende des 1. Weltkrieges gewesen (198). So weist diese Unterscheidung einwandfrei auf polnische Urheber hin, für die Oberschlesien selbstverständlich nicht deutsch, sondern polnisch war.
Auf einen bemerkenswerten Tatbestand macht uns dankenswerterweise doch schließlich noch Broszat aufmerksam. In seiner Fußnote 1 zu Seite 90 der Autobiographie teilt er u. a. mit, daß der SS-Hauptsturmführer Karl Fritzsch -- bis Ende 1941 Erster Schutzhaftlagerführer in Auschwitz -- auf Drängen von Höß "wegen Unfähigkeit" versetzt worden sei. Fritzsch aber war jener SS-Führer, der nach Höß' angeblicher Darstellung in der Autobiographie (aaO. Seite 122) und in der Abhandlung "Die Endlösung..." (aaO. Seite 155) die Anwendung des Ungeziefervertilgungsmittels Zyklon B bei der Vernichtung von Menschen "aus eigener Initiative" erstmals praktiziert und somit gewissermaßen "erfunden" hatte. Zuvor hatte man -- wie aus den Höß -Niederschriften weiter hervorgeht -- lange vergeblich nach einem zur Massenvernichtung geeigneten Tötungsmittel gesucht (aaO. Seiten 122-123, 154-155). Hieran wird abermals deutlich, daß die ganze Vergasungsgeschichte unglaubwürdig ist. Wie hätte sonst ausgerechnet der unter dem Gesichtspunkt der beabsichtigten Judenvernichtung eigentlich fähigste Unterführer "wegen Unfähigkeit" abgeschoben werden können? Auch wegen der angeblich befohlenen Geheimhaltung der Massentötungen hätte eigentlich gerade Fritzsch logischerweise im Lager Auschwitz belassen werden müssen. Doch die Logik bleibt bei Darstellungen dieser Art häufig genug auf der Strecke, wie wir schon mehrfach bemerken konnten.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß Höß sich an vielen Stellen seiner Autobiographie als ein eher feinnerviger und durchaus menschlich fühlender Lagerkommandant erweist, der verschiedentlich heftig die grobe Art und das Unverständnis seiner Unterführer für eine Hebung der Arbeitsmoral der Häftlinge beklagt, der vor allem aber auch Mißhandlungen und Quälereien der Häftlinge -- durch wen auch immer -- [275] ablehnt und mißbilligt. Das kommt am Schluß der Autobiographie noch einmal zusammenfassend in folgenden Sätzen zum Ausdruck (aaO. Seite 149):
"Wie es zu den Greueln in den Konzentrationslagern kommen konnte, habe ich zur Genüge im Vorhergehenden und bei den Personenbeschreibungen dargelegt. Ich für meine Person habe sie nie gebilligt. Ich selbst habe nie einen Häftling mißhandelt oder gar getötet. Ich habe auch nie Mißhandlungen von Seiten meiner Untergebenen geduldet. Wenn ich jetzt im Laufe der Untersuchung hören muß, welch ungeheuerlichen Quälereien in Auschwitz und auch in anderen Lagern vorgekommen sind, so überläuft es mich kalt. Wohl wußte ich, daß in Auschwitz Häftlinge von der SS, von Zivilangestellten und nicht zum wenigsten von ihren eigenen Mithäftlingen miShandelt wurden. Ich bin dagegen angegangen mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung standen. Ich konnte es nicht unterbinden. "
So spricht gewiß kein Mann, der bei der Vernichtung von Millionen Menschen nicht nur dabei war, sondern sie sogar im einzelnen befahl und durchführte. Diese Ausführungen passen zwar in keiner Weise zu den wortreichen und phantasievollen Schilderungen der Judenvernichtungen, die ebenfalls von Höß stammen sollen, wohl aber zum übrigen Inhalt seiner Autobiographie und könnten daher durchaus echt sein. Sie hinterlassen den Eindruck, daß hier ein Mann etwas zu seiner Verteidigung niederschrieb, der sich völlig unschuldig fühlte. Denn gegenüber den angeblichen Vergasungsaktionen, wie sie in den Aufzeichnungen daneben dargestellt werden, wären diese Dinge doch überhaupt nicht ins Gewicht gefallen. Höß hätte mit Sicherheit kein Wort darüber verloren, wenn er der Massenmörder gewesen wäre, als der er im übrigen hingestellt wird.
Auch Broszat sind natürlich diese sich aus den Höß-Niederschriften insgesamt ergebenden Widersprüche im Persönlichkeitsbild von Rudolf Höß aufgefallen, und er gibt sich deshalb alle Mühe, sie psychologisch zu erklären. Doch überzeugt es nicht, wenn Broszat meint, daß "Massenmord nicht mit persönlicher Grausamkeit, mit teuflischem Sadismus, brutaler Roheit und sogenannter Vertiertheit gepaart zu sein" brauche (Einleitung Seite 14) und er dann fortfährt (aaO. Seiten 14-15):
"Höß' Aufzeichnungen widerlegen diese allzu einfachen Vorstellungen radikal und offenbaren stattdessen als Porträt des Mannes, bei dem die Regie täglicher Judenvernichtung lag, einen Menschen, der alles in allem recht durchschnittlich geartetR keineswegs bösartig sondern im Gegenteil ordnungsliebend, pflichtbewußt, tierliebend und naturverbunden, ja auf seine Weise >innerlich< veranlagt und Sogar ausgesprochen >moralisch< ist. Höß ist, mit einem Wort, das [276] exemplarische Beispiel dafür, daß dergleichen XQualitaten< nicht vor Inhumanität bewahren, sondern pervertiert und in den Dienst des politischen Verbrechens gestellt werden können.
Letztlich versucht Broszat die angebliche Zwiespältigkeit im Seelenleben des Rudolf Höß mit einer Art "roboterhafter Pflichterfüllung" (Einl. S. 16), mit "Kadavergehorsam" (Einl. S. 17) oder der angeblich "allgemeinen Pervertierung des Gefühls und der Moralbegriffe" (Einl. S. 18) im Dritten Reich zu erklären. Mit solchen und ähnlichen Allgemeinplätzen lassen sich aber die unvereinbaren Gegensätzlichkeiten in den Krakauer Höß-Niederschriften nicht hinwegdiskutieren. Die einander ausschließenden Verhaltensweisen und das damit verbundene zwiespältige Persönlichkeitsbild des Auschwitz-Kommandanten in seinen uns vorgelegten Aufzeichnungen lassen nur die Erklärung zu, daß entweder die eine oder die andere Seite der Medaille nicht stimmt. Ein Teil der Aufzeichnungen wurde gefälscht oder seine schriftliche Fixierung Höß abgezwungen- oder Höß hat aus irgendwelchen Gründen nicht immer die Wahrheit geschrieben.
Letzteres nimmt mit wenig einleuchtenden Gründen Rawicz an. Er meint, man dürfe Höß nicht ohne Vorbehalt glauben, was er über sich selbst schreibt. Dagegen glaubt Rawicz selbstverständlich alles das vorbehaltlos, was die Höß-Niederschriften über die Judenvernichtung enthalten (199). Hierüber ließe sich vielleicht diskutieren, wenn dieser Teil der Niederschriften widerspruchsfrei, technisch möglich und auch sonst dem gesunden Menschenverstand einleuchtend wäre. Da jedoch gerade hier von -- wie wir gesehen haben -- keine Rede sein kann, ist die Auffassung von Rawicz abwegig. Allenfalls könnte Höß sich wider besseres Wissen bereitgefunden haben, sich in seinen Aufzeichnungen zur Judenvernichtung zu "bekennen", um damit weiteren Quälereien seiner Kerkermeister zu entgehen. Die Widersprüche, den ganzen technischen Unsinn und sonstige Ungereimtheiten könnte er in diesem Fall deshalb niedergeschrieben haben, um späteren Historikern die Unglaubwürdigkeit der ganzen Geschichte offenkundig zu machen. Ich halte das jedoch aus mancherlei Gründen für unwahrscheinlich.
Wie bereits eingangs betont wurde, erhebt diese Analyse der Höß Niederschriften keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit oder Endgültigkeit. Insbesondere einem Gesichtspunkt, der oben nur angedeutet wurde (Seite 257, unter "Zu 1."), konnte hier nicht weiter nachgegangen werden: der Frage, welche "Original"-Fassungen der Höß-Niederschriften existieren und wodurch sie sich unterscheiden. Vergleicht man die in den Büchern von Rassinier -- vor allem in "Drama der Juden [277] Europas" -- angeführten Zitate aus der französischen Ausgabe der Höß-Niederschriften, so scheint es zwischen der deutschen und der französischen Fassung einige Unterschiede zu geben, die nicht allein in einer zu freien Übersetzung ihre Ursache haben können (200). Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, daß der französischen und der deutschen Ausgabe jeweils ein anderes "Original" zugrunde gelegen hat. Hierzu mag nochmals an die Tatsache erinnert werden, daß das heute im polnischen Auschwitz-Museum aufbewahrte "Original" mit Bleistift geschrieben wurde, während die Ausgabe des Instituts für Zeitgeschichte, die unserer Analyse zugrunde lag, zumindest teilweise von einer Tintenschrift herrührt. Erinnert sei auch daran, daß schon von den Berichten anderer "Augenzeugen" der angeblichen Judenvernichtung -- z.B. von Nyiszli und Gerstein -- verschiedene Versionen in Umlauf gebracht wurden. Es wäre also keineswegs ungewöhnlich, wenn auch von den Höß-Niederschriften verschiedene Fassungen existieren würden.
Den Historikern stehen offenbar -- wie schon Rassinier schrieb (201) noch herrliche Tage bevor!
ANMERKUNGEN
Die Anmerkungen sind zum Verständnis
des Textes nicht unbedingt erforderlich. Sie enthalten im wesentlichen
die Quellenbelege. Dem Leser, der sich mit dem Stoff gründlicher
befassen mochte, sollen sie darüber hinaus ergänzende,
vertiefende und weiterführende Hinweise geben.
181) Es handelt sich laut Broszat bei den Gesamtaufzeichnungen um 237 Blatt, die beiderseits beschrieben sind. Davon entfallen 114 Blatt auf die "Autobiographie" von Höß. die den Titel "Meine Psyche, Werden, Leben und Erleben" trägt. Daneben sollen noch 34 gesonderte Aufzeichnungen von seiner Hand über führende Personen des Dritten Reichs und bestimmte Sachkomplexe von unterschiedlichem Umfang existieren. Die Ausgabe des Instituts für Zeitgeschichte enthält nur die Autobiographie (vollständig, mit einigen angeblich unwesentlichen Auslassungen) sowie zwei weitere Aufzeichnungen mit dem Titel "Die Endlösung der Judenfrage im KL Auschwitz" und "Der Reichsführer-SS Heinrich Himmler", die Höß im Zusammenhang mit seinen Vernehmungen im November 1946 niedergeschrieben haben soll (vgl. zu allem Einleitung, Seiten 8-9)
Nach Mitteilung eines mir bekannten Wissenschaftlers, der Auschwitz im Jahre 1976 besuchte (siehe oben Seite 256), bestehen die Gesamtaufzeichnungen aus 500 numerierten, teilweise aber nicht vollständig beschriebenen Seiten; 15 Seiten davon fehlen überhaupt, ohne daß der Archivar über die Ursache des Fehlens Auskunft geben konnte. Die Zahl der einzelnen Blätter muß demnach entgegen den Angaben von Broszat mehr als 237 betragen. 39 -- und nicht 34 -- gesonderte Aufzeichnungen werden nach Angaben meines Gewährsmannes in ebenfalls numerierten einzelnen Mappen aufbewahrt. Hat Broszat sich geirrt oder sind die Aufzeichnungen, seit er sie l 956 einsah, um einige vermehrt worden, wahrend andererseits 15 Seiten "ausgesondert" wurden? --
Ob die bei der "wissenschaftlichen Edition" des Instituts f¸r Zeitgeschichte ausgelassenen Stellen wirklich unwesentlich sind, wie Broszat meint, läßt sich nicht ohne weiteres beurteilen. Die letzten beiden Seiten der Einzelaufzeichnung "Die Endlösung..." sind in der französischen Ausgabe enthalten und wurden mir von dem französischen Universitätsprofessor Dr. Robert Faurisson (Universität Lyon II) zur Verfügung gestellt. Broszat selbst bezeichnet die darin enthaltenen Angaben in einer Fußnote (vgl. Seite 167 der deutschen Ausgabe) als "völlig abwegig", ohne daraus Konsequenzen für den übrigen Inhalt der Aufzeichnungen zu ziehen. Prof. Faurisson meint in seinem Begleitschreiben an mich, diese beiden Seiten würden das Buch "erledigt" haben, wenn Broszat sie mitveröffentlicht hätte.
Ob man noch von einer "wissenschaftlichen Edition" sprechen kann, wenn orthographische, syntaktische (Fehler im Satzbau) und Fehler in der Interpunktion einfach verbessert wurden, erscheint mir zweifelhaft. Wir sahen bereits beim Broad-Bericht, daß sich gerade daraus Hinweise auf die Hand von Fälschern ergeben können, die die deutsche Sprache nicht völlig beherrschen.
Im übrigen ist für das Bemühen der Herausgeber um "Wissenschaftlichkeit" bezeichnend, daß sie sich insoweit nicht nur für die Unterstützung polnischer Stellen, sondern auch bei Hermann Langbein vom Internationalen Auschwitz-Komitee in Wien bedankt haben, dessen eigene Veröffentlichungen weit entfernt von jeder Wissenschaftlichkeit sind (vgl. Einleitung, Seite 13).
182) Vgl. hierzu Sündermann, "Das Dritte Reich". Seite 17. Der amerikanische Historiker Prof. David Hoggan hat darauf hingewiesen, daß das Institut für Zeitgeschichte finanzielle Unterstützung durch Rockefeller erhalte (vgl. "Der unnötige Krieg", Seite 275). Das würde zutreffendenfalls freilich vieles erklären
183) "Anatomie des SS-Staates", Band 2, Seiten 415 416.
184) "Das Drama der Juden Europas", Seiten 54-55, 59; "Was nun, Odysseus", Seite 61.
185) Brief vom l9. Januar 1977 im Archiv des Verfassers.
186) Aretz aaO. Seite 47.
Das Faksimile der Höß-Handschrift in "Kommandant in Auschwitz" (Seite 24 aaO.) zeigt übrigens eine lateinische Schrift, wahrend ein von Albert Wucher (aaO. Seite 197) wiedergegebenes Faksimile eines handschriftlichen Lebenslaufes von Rudolf Höß, dessen Datierung nicht zu entziffern ist und bei dem es sich offensichtlich nicht um den von Broszat erwähnten zweiseitigen Lebenslauf vom 19.6.1936 (aaO. Seite 10, Fußnote l) handelt, aus deutschen Schriftzeichen besteht. Das äußere Schriftbild beider Handschriften erscheint zwar ähnlich, ob es von derselben Hand stammt, könnte aber wohl nur ein Graphologe beurteilen
187) "Drama der Juden Europas", Seite 54.
188) Broszat bestätigt das mit einer gewissen Zurückhaltung in seiner Einleitung (aaO. Seiten 10-l l). Ebenso hebt Rawicz ausführlich die laufende Einwirkung des Psychologen Prof. Batawia auf Höß hervor, ohne darin freilich mehr zu sehen, als ein angeblich wissenschaftliches Interesse an der Persönlichkeit des ehemaligen Auschwitz-Kommandanten; vgl. "Auschwitz in den Augen der SS". Seiten 16 ff.
189) Vgl. die verschiedenen Vortrage in- und ausländischer Wissenschaftler auf dem Jahreskongreß der Gesellschaft für Freie Publizistik am 21. bis 23. Mai 1976 in der Dokumentation "Das Sieger-Tribunal". Nation Europa Verlag. Coburg. Aufschlußreich ist auch die Zusammenstellung von Zitaten zeitgenössischer Kritiker über die Nürnberger Prozesse in "Mensch und Maß", Folge 16/1977. Seiten 725 ff.
190) Zum Begriff "Gehirnwäsche" siehe Brockhaus Enzyklopädie, 7. Band (1969). Seite 33. Eine besonders instruktive Darstellung der Vorgange bei der Gehirnwäsche gibt uns A. F. Marfeld. aaO. Seiten 80ff.
191) Härtle traf diese Feststellung in seinem Bericht über einen von ihm besuchten Historiker-Kongreß anläßlich des 30. Jahrestages des Nürnberger Tribunals. der vom 13. bis 15. März 1975 von der "Conference Group on German Politics" im Auditorium des Nationalarchivs in Washington stattfand und an dem auch Broszat teilnahm. Vgl. "Das Freie Forum", Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Freie Publizistik. Ausgabe 4/1975. Seiten 1ff.. hier Seite 3.
192) Dieser Meinung ist auch der französische Historiker Paul Rassinier. Er schreibt in "Was nun, Odysseus?". Seite 65: "Höchstwahrscheinlich hat Rudolf Höß in der Todeszelle sein Geständnis niedergeschrieben. worauf dann die polnischen Kommunisten hier und dort -- und recht ungeschickt -- Teile eingefügt haben, die den kommunistischen Behauptungen über die Ereignisse im Lager Auschwitz zwischen 1 940 und 1 943 entsprachen... Jedenfalls ist dies die einzig mögliche Erklärung sowohl für die lange Zeit. die sie gebraucht haben. um das Buch zu veröffentlichen (12 Jahre!), als auch für die inneren Widersprüche des Werkes. "
Vgl. auch Rassinier. "Die Luge des Odysseus" (3. erw. Auflage. 1964). Seite 261.
193) "The Hoax...". Seiten 118 und 125ff.; deutsche Ausgabe. Seite 154, 164 ff.
194) Die durch viele Dokumente bewiesene Tatsache, da_ Himmler am Arbeitseinsatz auch der Juden das grö_te Interesse hatte. wird in den Hö_-Niederschriften an verschiedenen Stellen deutlich (vgl. z. B. Seiten 132, 134 und 158). Das führt zu mancherlei Widersprüchlichkeiten und kuriosen Passagen im (teilweise gefälschten) Text, die im einzelnen wiederzugeben hier zu weit führen würde. Sinngemäß wird die Sache so darzustellen versucht. als habe das WVHA stets nur den Einsatz möglichst vieler Juden in der Rüstungsindustrie im Auge gehabt, während das RSHA die Vernichtung aller Juden anstrebte. Zwischen beiden Dienststellen habe Himmler gestanden und niemals eine klare Entscheidung treffen können (vgl. hierzu auch die Sonderabhandlung "Der Reichsführer-SS Heinrich Himmler". Seiten 167 ff. in "Kommandant in Auschwitz"). Da Himmler jedoch der Chef beider Dienststellen war, ist gänzlich unwahrscheinlich, daß er sich der einen oder anderen Dienststelle je nach seinen angeblich schwankenden Intentionen unterworfen haben sollte. Wenn irgendwo das Führerprinzip bis zum Exzeß praktiziert wurde, so war es innerhalb der Organisation der SS. Völlig zu Recht wird daher auch auf Seite 148 der Höß-Aufzeichnungen Himmler als der "krasseste Vertreter des Führerprinzips" bezeichnet. Am allerwenigsten verträgt sich die Darstellung über Himmlers Verhalten in der Judenfrage aber mit der Behauptung, Himmler habe Höß unter Wahrung größter Geheimhaltung den klaren Auftrag zur Vernichtung der Juden erteilt. Man fühlt förmlich, wie schwer die Fälscher mit der Tatsache fertig wurden, daß noch gegen Ende des Krieges Hunderttausende von Juden für die deutsche Rüstungsindustrie arbeiteten und -- auch aus Auschwitz -- beim Näherrücken der russischen Armeen zusammen mit den anderen Arbeitskräften in das Reichsgebiet evakuiert wurden.
195) Vgl. "Das Drama der Juden Europas", Seiten 53 ff.,63; "Was nun, Odysseus?", Seite 65.
196) Der Prozeß wurde in der Zeit vom 24.11. bis 22. 12. 1947 gegen 40 ehemalige Mitglieder des Lagerpersonals von Auschwitz durchgeführt. Vgl. "KL Auschwitz in den Augen der SS", Seite 215, Fußnote 30, und Seite 288.
197) IMT XI, 441
198) Vgl. Broszats Fußnote auf Seite 34 von "Kommandant in Auschwitz". Dasselbe ergibt sich aus dem von Albert Wucher (aaO. Seite 197) im Faksimile wiedergegebenen Lebenslauf von Rudolf Höß.
199) Vorwort Seite 18ff. zu "KL Auschwitz in den Augen der SS".
200) Prof. Faurisson von der Universität Lyon II, der beide Fassungen studiert hat, spricht in seinem Brief vom 30. 3. 1977 an mich von "zahllosen" Unterschieden zwischen der deutschen und der französischen Fassung! Brief befindet sich im Archiv des Verfassers.
201) "Das Drama der Juden Europas", Seite 55.
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Ende drittes Kapitel
Ende Teil 11
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Hier is das drittes Kapitel, Teil 11, von "Der Auschwitz-Mythos -- Legende oder Wirklichkeit -- Eine kritische Bestandsaufnahme" von Dr. Wilhelm Stäglich. Es erschien in 1979 durch Grabert Verlag in Tübingen. ISBN 3-87847-042-8. Später, dieses Buch war verboten und zerstört in Deutschland. Aber Zensur ist unmöglich und auch sehr dumm. Diese Buch is noch einmal lebendig.